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Weihnachten in der Klarastraße

1928 zogen Vater, Mutter und Töchterchen Karpf in das Reihenhaus Klarastraße 3 ein. Aus der Klein- wurde eine Großfamilie, 1946 kam das elfte (und letzte) Kind zur Welt. Die zweitjüngste Tochter, Jahrgang 1941, meine Tante Renata, hat für mich ihre Weihnachtserinnerungen aufgeschrieben. Die Fotos dazu stammen noch aus den 1930ern, als die Familie vier Kinder hatte.

„Unsere Feste in der kinderreichen Familie waren stets etwas Besonderes und sehr Lebhaftes. Aber das Warten in der Adventszeit auf Weihnachten war extrem spannend und voller Geheimnisse für mich, da ich ja immer zu den Kleinen gehörte.

Der Advent begann mit abendlichem Vorlesen von Papa oder den größeren Geschwistern, alle versammelt um den großen Eßtisch, darauf der Adventskranz mit den vier Kerzen. Natürlich fackelten wir immer wieder mit den Tannennadeln an den angezündeten Kerzen herum, was oft mit hochgezogenen Augenbrauen von den Großen, Papa inklusive, gerügt wurde. Es wurden Adventslieder gesungen mit Flötenbegleitung, feierlich. So ging das bis Weihnachten – die Zeit war wirklich sooo lang; aber endlich brannte doch auch die vierte Kerze am Kranz.

Nun brach langsam bei Vater eine gestreßte Stimmung durch. Das sogenannte „vordere Zimmer“, das eh für uns eine „No go Zone“ während des ganzen Jahres war, war nun abgeschlossen. Vater werkelte die letzten Abende vor dem 24. Dezember mit seinen großen Buben darin; es wurde eine große Krippe dort aufgebaut – ein Akt mit Hindernissen. Darunter versteckt sollte nämlich ein Läutwerk funktionieren, um uns später melodisch zu rufen. Dieses Läutwerk kostete Papa das Maximum an Bastelei, Geduld und Beherrschung, es wollte und wollte nicht, fast bis zum letztmöglichen Termin (Heiligabend) nicht läuten. Und der Vorhang, der dieses Unikum versteckt halten sollte, konnte auch vorher nicht angebracht werden. Alle standen unter großer Anspannung!

Endlich, wir alle, gewaschen und gestriegelt um den Eßtisch sitzend, kam der erlösende Klang aus dem „vorderen Zimmer“. Das Christkind war da. Wir schoben uns hinein, die Christbaumkerzen brannten, die Krippe in der natürlichen Landschaft mit Moos, Wurzeln, Hügeln, Tälern, Hirten begeisterte uns, und aus den Augenwinkeln sahen wir kleine Päckchen.

Aber erst wurden ausgiebig Weihnachtslieder gesungen, es wurde gebetet und dann durften wir schauen, welches Päckchen für uns bestimmt war. Von da an war es nur noch schön! (Wäre es doch immer Weihnachten!) Es gab natürlich nur kleine Geschenke, aber jeder freute sich. Die ersten Plätzchen wurden gefuttert; wir hatten ja seit Nikolaus danach gehungert. Mama hatte sie immer gut versteckt.

Am Abend gingen wir dann alle zur Christmette, durch die Nacht zur Muttergottespfarrkirche. Für mich ein absoluter Höhepunkt, denn sonst waren wir nie so spät unterwegs.“

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