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Das Christkind

Verbürgte Gschichtli aus der Adventszeit
Erzählt von Norbert Büttner, Amorbach

In verschiedenen fränkischen Dörfern ist in der Adventszeit nicht der Nikolaus mit dem Knecht Ruprecht, sondern am Heilig Abend das Christkind gekommen. Die Funktion war dieselbe, also das Beschenken einerseits und andererseits die  Ermahnung als erzieherische Belehrung, die oftmals schon zeitig vorher angedroht wurde.

Für heutige Pädagogen ein Graus. Wenn aber ältere Mitbürger zurückdenken, erinnern sie sich in den meisten Fällen an ein freudiges oder zumindest spannendes Ereignis.

Im Heimatdorf (bei Lohr) meiner Mutter ist das so gewesen. Nicht der Nikolaus, sondern am 24. Dez. kam das Christkind ins Haus, als das Gute und die „Hullefra“ als die Strenge, von den Eltern einbestellt und auch instruiert.
Im Jahr 1938 spielte meine Mutter, damals 19 Jahre alt, das Christkind. Weiß gekleidet und geschmückt mit Glitzerschmuck, Perlenkette und geheimnisvollem Schleier. Ihre Freundin, die schwarz angezogene, mit Larve versehene „Hullefra“, war so etwas wie der Knecht Ruprecht.
Nach dem Klingelzeichen mit einem hellen Glöckchen, öffneten sie bei einer Familie die Haustüre, gingen die Stiege hoch und betraten die hell erleuchtete gute Stube. Die Kerzen am Christbaum brannten und die ganze Familie stand aufgereiht und aufgeregt zum Empfang.
Vom ältesten Buben, so 2. Klasse Volksschule, bis zum kleinen Schwesterchen mehrere Geschwister, staunten stumm und mit offenen Mündern die „himmlischen Boten“ an, bis der Vater den Großen aufforderte: „No wie säicht mer den zun Chriskind“! Da reißt der Bub ganz stramm den rechten Arm nach oben und brüllt: „Heil Hitler Christkind“.

Das wiederum, konnte einen Lachanfall kaum unterdrücken.

Ja, die Zeit und die Umstände prägen Leut und Kinner.

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