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Weltkrieg-1-Denkmal Aschaffenburg-Leider: Fischer, Gottfried (1892 – 1916)

Weltkrieg-1-Denkmal Aschaffenburg-Leider:

Fischer, Gottfried (1892 – 1916) , III. Bataillon/Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 79

Abb. 1: Weltkrieg–1–Denkmal im Friedhof Aschaffenburg-Leider – Foto: P. Grasmann

Geboren wurde Gottfried Michael Fischer am 30.1.1892 in Aschaffenburg. Er war das erste von acht Kindern des Weichenstellers Heinrich Fischer und seiner Ehefrau Margaretha Fischer, geb. Wagenhöfer.[1] Ihren Wohnsitz hatte die Familie in Leider, Hausnr. 25 1/2.[2] Nach der Umnummerierung der Leiderer Anwesen 1937 wurde daraus die Anschrift Brunnengasse 1.[3] Durch Quellen belegt ist weiterhin die Verehelichung von Gottfried Fischer am 27. Februar 1914 in Aschaffenburg mit Antjedine Fraukeline Christians, geb. am 1. August 1896 in Kaihausersfeld, Gemeinde Zwischenahn, Amt Westerstede im Großherzogtum Oldenburg.[4] Kennengelernt hat Gottfried seine Frau wohl während seiner Tätigkeit als Monteur in Norddeutschland, wo er im ca. 5 km nordwestlich von Kaihausersfeld gelegenen Ort Ocholt seinen vorübergehenden Wohnsitz hatte. Über den beruflichen und militärischen Werdegang von Gottfried Fischer liegen keinerlei Unterlagen vor, ebenso über einen nach der Eheschließung erfolgten Umzug nach Norddeutschland.

Aus den vorhandenen beiden Verlustlisten, in denen Gottfried Fischer aus Gründen der Namensgleichheit als „Gottfried Fischer II“[5] aufgeführt ist, und den Informationen des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. lassen sich die nachfolgenden Rückschlüsse herleiten: Fischer war am 1.8.1914 bei Ausbruch des 1. Weltkrieges 22 Jahre alt. Ob er bereits seine Wehrpflicht abgeleistet hatte, konnte nicht festgestellt werden, ist jedoch angesichts seines Alters von 22 Jahren bei Kriegsbeginn wahrscheinlich. Zweifelsfrei belegt ist seine Zugehörigkeit zum Reserve-Infanterie-Regiment 79 [6]. Das Reserve-Infanterie-Regiment 79 wurde mit der Mobilmachung am 2.8.1914 am Standort Oldenburg[7] aufgestellt. Die Zugehörigkeit zu dieser Einheit am Standort Oldenburg lässt die Folgerung zu, dass Fischer nach seiner Verehelichung wieder in den Raum Zwischenahn[8] zurückgekehrt ist und bei der Mobilmachung dort eingezogen wurde.

Schon am 17.8.1914 wurde das Reserve-Infanterie-Regiment 79 im Rahmen der Kriegsgliederung aufgespalten[9] und seine Einheiten als eigenständige Bataillone verschiedenen Regimentern zugeordnet: Regimentsstab, I. und II. Bataillon wurden der Inselkommandantur Borkum, das III. Bataillon und die Maschinen-Gewehr-Kompanie der 39. Reserve-Infanterie-Brigade unterstellt. Diese wiederum war ein wesentlicher Bestandteil der 19. Reserve-Infanterie-Division (19. Res. Inf. Div.).[10]

 

Abb. 2: Kriegsgliederung der 2. Kaiserlichen Armee – Stand 17.8.1914 – Nach: Cron, H., a. a. O; S. 97 ff. und Histories oft two hundred and fifty-one divisions of the German Army… , a. a. O., S. 299 ff.

 

Nach der bereits erwähnten Aufstellung des Res.Inf.Reg.79 am 2.8.1914 und den in den folgenden Tagen durchgeführten organisatorischen Maßnahmen rückten am Abend des 6.8. die Mannschaften ein. Die MG-Kompanie, der Gottfried Fischer zugeteilt war, wurde geführt von Hauptmann Freiherr v. Bietinghoff, Leutnant v. Drebber, Leutnant Lüder und den Offiziersstellvertretern Kluge, Kastning und Kompaniefeldwebel Richter. Das gesamte III. Bataillon einschließlich der M.G.K. hatte eine „Ausrückstärke von 17 Offiziere[n], 13 Offiziersdiensttuer[n], 1141 Unteroffiziere[n] und Mannschaften“[11].

Die taktischen Vorgaben für die 19. Res. Inf. Div. im Verbund der II. Armee unter dem Kommando des Generalobersten Karl von Bülow waren durch den modifizierten Schlieffen-Plan[12] eindeutig vorgegeben: Der Feind sollte vom rechten Flügel der deutschen Armee in einem anfangs westlich, dann in einem Bogen in südliche Richtung vorgetragenen Umfassungsversuch mit insgesamt 5 Armeen gegen den im deutsch-französischen Südwesten[13] stehenden linken Flügel (6. und 7. Armee) gedrängt und dort eingeschlossen werden. Entsprechend verliefen dann auch die Bewegungen und Einsätze der 19. Res. Inf. Div.

8.8.1914                               Noch vor dem Bataillon wurde die M.G.K. am Abend am Bahnhof Oldenburg verladen.

9.8.1914                               Um 2.44 Uhr Abfahrt in Oldenburg durch Westfalen, durch das Rheinland und über Euskirchen nach Vettweiß.

10.–15.8.1914                    Um 6 Uhr Ausladung in Vettweiß – Fußmarsch durch die Eifel über Hostel, Bergheim und Blumenthal zum Truppenübungsplatz Elsenborn – Weitermarsch über Malmedy ins belgische Spa – In Creppe wurde schließlich die Ankunft des Bataillons erwartet.

16.8.1914                            „Die Morgentoilette wurde zum ersten Male richtig feldmäßig gemacht, d. h. sie fand nicht statt, da keinerlei fließendes Wasser vorhanden war. Heißer Kaffee aus der Feldküche – wie gut daß man sich den nicht erst selbst kochen mußte! – und Kommißbrot mit Speck bildeten die Grundlage für die Anstrengungen des Tages“[14] vermerkte der Chronist in seinen Aufzeichnungen. In Spa erfolgte der Zusammenschluss mit den übrigen Einheiten der 19. Reserve-Infanterie-Division.[15]

17.–21.8.1914                  Weitermarsch in nordwestlicher Richtung, durch das gerade eroberte Lüttich, um dann in westlicher Richtung auf Charleroi vorzustoßen, wo es heftige Kämpfe zwischen französischen und deutschen Truppen gab. Der Vormarsch der 19. Res. Inf. Div. war geprägt von der großen Hitze, der hügeligen Landschaft und den unzähligen Stockungen der endlosen Marsch- und Transportkolonnen. Immer wieder kam es zu kleineren Scharmützeln mit belgischen Franktireurs[16].

22.–23.8.1914    Erste kleinere Verluste bei Straßenkämpfen mit Heckenschützen im eroberten Charleroi – Ein Zug des M.G.K. und die 9. Kompanie des III. Bataillons führten im Auftrag des X. Reservekorps wirtschaftliche Strafmaßnahmen[17] gegen die Bürgerschaft von Charleroi durch, während die übrigen Bataillonsteile an die Frontlinie auf den Sambre-Höhen beordert wurden.

24.–26.8.1914                    Vorstoß in südwestlicher Richtung über die französische Grenze Richtung Avesnes – Erstes heftiges Gefecht mit englischer Infanterie an der Straße Bergues–Sambre–Le Nonvion: Das Bataillon hatte die ersten Toten (7) und Verwundeten (24) zu beklagen.

27.–28.8.1914                   Fortsetzung des Vormarsches der 19. Res. Inf. Div. nach Südwesten Richtung St. Quentin mit dem III. Bataillon als Vorhut.

29.–31.8.1914                    Schlacht bei St. Quentin: Ausgehend von einem weiteren Rückzug der franz. Truppen in südlicher Richtung, wurde die 19. Res. Inf. Div. beim Vormarsch von Marcy[18] nach Mesnil[19] von einem heftigen feindlichen Gegenstoß

 

Abb. 3: Sturmangriff in freiem Gelände – In: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S 67

 

erwartet. Grund: Die gegenüberstehende 5. franz. Armee versuchte den Vormarsch der Deutschen durch einen Vorstoß auf St. Quentin durch eine zahlenmäßige Überlegenheit zu stoppen. Infanterie und Artillerie beider Seiten lieferten sich im welligen und von Hitze überfluteten Gelände einen erbitterten Kampf. Am Nachmittag des 29.8. zogen sich die deutschen Regimenter nach schweren Verlusten wieder nach Mesnil zurück.

 

Karte 1: Das III. Bataillon des 79. Res. Inf. Reg. am 29.9.1914 in der Schlacht um St. Quentin – Quelle: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355. Skizze 2; bearb. d. Verf

 

Der Chronist Hermann Becker[20] wusste später über diesen Tag zu berichten: „Wir brachen 8.30 auf und marschierten über Homblièries nach Mesnil, um uns dort in die Divisionskolonne einzufügen. Mesnil selbst war stark belegt gewesen, die Bagagewachen standen an den Straßen, Kolonnen und Artillerie hielten auf der Straße, so daß die Infanterie nur in Reihen sich durchwinden konnte. Es gab Aufenthalt und dauerndes Stocken. In diesen Wirrwarr krachten plötzlich von links kommend, Schrapnells[21], die ihren Eisenregen auf die Dächer und in die Höfe klatschen ließen. Ein unbeschreibliches Durcheinander! Von der Seite hatte niemand eine Gefahr erwartet. […] Durch Hecken der Gärten hindurch gewannen wir den südlichen Rand des Dorfes. Eine gewellte Ackerfläche dehnte sich aus, nach Süden etwas ansteigend. Und dort auf der Höhe einer Baumreihe […] empfing uns Gewehrfeuer. […] Im Laufen bildete sich die Schützenlinie und schon waren wir, ehe wir uns recht besinnen konnten, im Gefecht mit dem Gegner verwickelt. Darum wurde die sowieso reichlich dichte Linie gestaffelt auseinandergezogen. Wie auf dem Exerzierplatz arbeiteten sich die Züge und Gruppen[22] weiter vor. Dabei gab es Verluste, Tote blieben liegen, Verwundete schrien auf und suchten sich zurückzuarbeiten, soweit es ging. Allmählich aber kam Ruhe in das anfangs zu hastige Feuer. Der Feind schoß auch nicht mehr so hastig, vielleicht wurde er durch unser Feuer etwas niedergehalten.

Auch unsere Artillerie war aufgefahren und redete ihr Wort mit. Es war entsetzlich heiß. Wir lagen im prallen Sonnenbrand; glücklich, wer in einem Rübenfeld zu liegen kam, die Blätter strömten wenigstens nicht so viel Hitze aus wie die Stoppelfelder. Auch konnte man sich im Rübenfeld etwas unsichtbarer machen. Die Flintenläufe waren heiß vom Schießen und heiß von der Sonne. Der Schweiß rann einem in die Augen beim Zielen. Der Durst brannte, bald waren die Feldflaschen leer. […] Dort traten aus der Straße nach Regny feindliche Schützenlinien auf R. 78 an, so daß dieses weichen mußte. Da die Rückwärtsbewegung über unsere linke Flanke hinausging, wurden auch wir in den Kampf verwickelt, und ein Teil der feindlichen Linien wendete sich gegen uns, und auch wir konnten uns nicht in dieser Lage behaupten.“[23]

Sehr gut nachvollziehen lassen sich diese Truppenbewegungen anhand der Darstellungen in Karte 1.

Nachdem die eigene Artillerie den erneuten Vormarsch vorbereitet hatte, konnten die deutschen Einheiten am späten Nachmittag in Richtung Regny bis zur Cambrie-Ferme vorrücken. Nach einer kurzen Nachtruhe rückten sie am 30.8. vor bis auf die Höhenzüge östlich von Regny. Für diesen Tag hatte man im Divisionsstab den Übergang über das sumpfige Tal der Oise geplant. Da der Zugang nach Ribemont nur über ein paar wenige befestigte Straßen möglich war, konnten die französisch-marokkanischen Gegner den Vormarsch der Angreifer lange aufhalten. Erst als eigene Artillerie sich Zugang zum Ort verschafft hatte, konnte die deutsche Infanterie in heftigen Straßenkämpfen und unter erheblichen Verlusten bis zum Abend Ribemont erobern. Einen Ruhetag am 31.8. in Lucy, nordöstlich von Ribemont, nutzten die Einheiten zum Ordnen der durch die Kämpfe durcheinander gewürfelten Truppen und zur Instandsetzung der Ausrüstung.[24]

1.–5.9.1914                       In der ersten Septemberwoche kannte der gesamte rechte Flügel des deutschen Heeres nur einen Weg: Vormarsch Richtung Süden, der Schlieffen-Plan schien von Erfolg gekrönt zu sein. In fünf Marschtagen bei großer Hitze, aber geringer französischer Gegenwehr, erreichte am 5.9. die 19. Res. Inf. Div. die Umgebung um Montmirail am Fluss Le Petit Morin.[25]

Beumelburg schilderte den Zustand in den deutschen Truppen in diesen ersten Septembertagen auf ihrem Vormarsch über Aisne und Marne so: „Die Truppen des deutschen Nordflügels bis herab zum rechten Flügel der 5. Armee kennen seit drei Wochen nichts als Fechten und Marschieren, Marschieren und Fechten.

Unbarmherzig brennt wie damals in Belgien die Sonne auf sie herab. An den Straßenrändern bleiben Marschkranke liegen. Mit aufgedunsenen, hochroten und feuchttriefenden Gesichtern, Taschentücher über dem Kopf, hocken sie da.

Es gibt schon lange kein Brot mehr. Die Bäckereikolonnen können nicht nachkommen. Alle Straßen sind von Artillerie und Gefechtsbagagen angefüllt. Granaten sind wichtiger als Brot. Das fette Fleisch, das die Feldküchen liefern, wird zum Ekel. Man kann es kaum noch hinunterwürgen. Zweihundert Patronen schleppt jeder Mann. Sie ziehen wie Blei zu Boden. Wenn ein Teil verschossen ist, sorgt die Gefechtsbagage für Ersatz. Patronen sind noch genug da.

Schnurgerade sind die Straßen, von riesigen Pappeln gesäumt. Das zieht sich stumm von Hügel zu Hügel durch Sonnenglut und Hitze. Dorf reiht sich an Dorf. Und dann Ebene, nichts als Ebene. Es gibt kein Ende. Es gibt keinen Ruhetag. Es gibt keine Feldpost. Die Socken sind längst zerrissen. Aus Taschentüchern, Hemdfetzen und Leinenstücken macht man sich Fußlappen. Die Stiefel sind durch Dürre und Staub hart geworden. Sie schmerzen und reiben die Gelenke wund. Man kommt nicht mehr aus den verschweißten Kleidern. Ob dies Marschieren jemals aufhören wird?“[26]

6.–9.9.1914                        Bereits am 6. September stellten die Soldaten der 19. Res. Inf. Div. fest, dass die Gefechtstätigkeit in ihrem Einsatzgebiet deutlich zugenommen hatte, die französischen Gegner vor allem durch sehr präzise schießende Artillerie immer heftigeren Widerstand leisteten. „Was für ein schicksalsschwerer Tag der 6.9. gewesen, ahnte von uns keiner. Wie die Gesamtlage war, davon hatte auch die untere Führung keine Ahnung. Daß wir geschlagen sein sollten, der Gedanke kam keinem einzigen von uns. Immerhin war es merkwürdig, daß am 7. früh der Marsch nicht in südliche Richtung ging, sondern umgekehrt“[27] fasste H. Becker die Situation seines Truppenteils zu Beginn der Marne-Schlacht zusammen. Entlang des Petit Morin sah sich die gesamte Division in immer heftigere Rückzugsgefechte verwickelt, 3 Tote, 7 Verwundete und 5 Vermisste verzeichneten alleine das III. Bataillon und die MGK. Am 9. September brachte ein Meldeläufer den offiziellen Befehl zum Rückzug. „Auf der Straße nach Norden fluteten Truppen und Kolonnen in beängstigender Eile vorbei. Ein niederträchtiges Gefühl war es, dem Feinde den Rücken kehren zu müssen! Was mochte der Grund nur sein?[28]

Karte 3: Lage am rechten Frontflügel vor der Marne-Schlacht am 5.9.1914 – Quelle: Bernhardi, F. v.: Deutschlands Weltenkampf 1914–1918. Karte 14, S. 59; bearb. d. Verf.

Eben diese Frage kann nach heutigen Erkenntnissen so beantwortet werden: Am linken deutschen Flügel hatten sich bis Anfang September die 6. und 7. Armee vergeblich bemüht, die französischen Truppen nach Westen zurückzudrängen. Im Gegenteil: Die französischen Armeen drängten ihren Gegner fast wieder in die Ausgangsstellungen wie zu Beginn des Krieges zurück. Am rechten Flügel waren, wie eben dargestellt, die deutschen Armeen 1 bis 5 erfolgreich bis über Marne ins Herz Frankreichs vorgestoßen. Mehrere negative Faktoren hatten sich dabei – auch aus Gründen mangelhafter Verständigung zwischen den Oberkommandos der Einzelarmeen bzw. zwischen den Armeeführungen und der Obersten Heeresleitung  – ergeben:

  • Vor allem die Truppen des deutschen rechten Flügels waren durch die strapaziösen Märsche und unzureichende Versorgung kräftemäßig erschöpft. Die Aussichten auf neue Ersatzkräfte waren begrenzt bzw. die neu hinzugekommenen Ersatzeinheiten nur unzureichend für den Fronteinsatz ausgebildet.
  • Der Nachschub an Verpflegung, Waffen, vor allem auch an Munition machte sich schon im 2. Kriegsmonat an fast allen Frontschabschnitten schmerzhaft bemerkbar. Ursachen: Die sich in der Heimat anbahnende Mangelwirtschaft und die langen und teils unzureichend ausgebauten Transportwege an die Front.
  • Dazu hatte sich im nördlichen Abschnitt der Westfront eine bedrohliche Lücke zwischen 1. u. 2. Armee aufgetan.

Karte 4: Aufmarsch der Alliierten in der 1. Marne-Schlacht am 9.9.1914 – Quelle: Wikipedia – URL: https://de.wikipedia.org/wiki/ Schlacht_an_der_Marne_(1914)www.dean.usma.edu – Stand: 16.06.2021

Karte 4 verdeutlicht die Ziele der Entente-Kräfte: Abspaltung der deutschen 1. Armee vom linken Flügel der deutschen Angriffsarmeen (2., 3., 4. und 5. Armee) und Umfassung beider Flügelteile durch die mit frischen Reserven[29] aufgefüllte 6., 5. und 9. franz. Armee und das Britische Expeditionskorps (BEF)[30]. Nachdem die 1.Dt. Armee angesichts der Vormarscherfolge auch noch Einheiten an die Ostfront abgegeben hatte, drohte dem deutschen Heer mit dem Gegenschlag von Franzosen und Briten höchste Gefahr.

9.9.1914                               Am Nachmittag erfolgte der Befehl zum Rückzug, die Schlacht an der Marne war verloren, die Franzosen und Engländer wiederum hatten ihr „Wunder an der Marne“ erreicht. Eine gigantische Rückzugsbewegung deutscher Truppen prägte den nordwestlichen Frontabschnitt in den Tagen zwischen dem 9. und 12. September. „In den zurückflutenden Strom tauchten auch wir ein, und nun begann ein Marschieren, an das jeder, der es mitgemacht hat, zeitlebens denken wird. Ohne Pause ging es dahin in der Finsternis. Die Luft war dermaßen mit Staub durchsetzt, daß man sie hätte durchschneiden können. Wer nicht weiterkonnte, blieb liegen. Aber jeder hielt sich bis zum äußersten aufrecht, denn Zurückbleiben bedeutete Gefangenschaft, wenn nicht noch schlimmeres. Man taumelte nur so dahin. Die Übermüdung ertötete jedes Interesse an den Dingen, die um uns vor sich gingen. Endlich, nach Stunden – wie vielen? Keiner wußte es – löste sich das Bataillon von der Marschstraße und bezog in Vinay Unterkunft. So müde waren alle, daß sie beim Halten hinfielen und nicht zu bewegen waren, sich zu einer Unterkunft zu begeben.“[31]

Karte 5: Die deutsche 2. Armee mit der 19. R.I.D. im Rückzug von der Marne-Schlacht. – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 5. A. a. O., Karte 1 – Ausschnitt; bearb. d. Verf.

10.9.1914   Fortsetzung des Rückzugs Richtung Epernay

11.9.1914    Marne-Übergang bei Damery (nordwestl. Epernay) – Cormoyeux

12.9.1914   Ankunft in Chateau les Marais (südwestl. Reims)

13.–19.9.1914   Da das III. Btl. /79. R.I.R. während des Rückzugs den Kontakt zur 19. R.I.D. verloren hatte, kämpfte es im Verbund der 13. Inf. Div. in den Gefechten im Raum Brimont und erlitt dabei etliche Verluste vor allem durch die franz. Artillerie.

20.9.1914   Rückkehr zur 19. R.I.D. in den Raum Witry–Cernay – Bilanz des Rückzugs von der Marne und der Gefechte um Brimont: 36 Tote, 130 Verwundete.

21.9.1914   Ankunft erster Ersatztruppen beim Bataillon: 3 Offiziersstellvertreter und 405 Mannschaften – erstmalige Ausgabe von Feldpost aus der Heimat – Ruhe- und Auffrischungspause für Mensch und Material. „Welche Freude löste es in uns allen aus, als wir bald nach dem Einrücken in den uns zugewiesenen Quartieren Post empfingen! Zum allerersten Male nach unserm Ausrücken aus Oldenburg Nachricht von daheim! Wohl keiner ging leer aus. Briefe, Karten, Zeitungen, Liebesgaben in Gestalt von Schokolade und anderen Süßigkeiten und dem, ach, solange entbehrten Tabak, den Zigarren und Zigaretten! Auf allen Gesichtern sah man Freude und Zufriedenheit. Dazu kam die Aussicht, daß nun die Verpflegung wieder besser und regelmäßiger sein würde als bisher. Da voraussichtlich Berru[32] für längere Zeit Standquartier bleiben sollte, so hatte jeder ein Interesse daran, sein Quartier sauber und ordentlich herzurichten. Daneben gab es genug zu tun, um die Sachen, Kleidung, Stiefel und die Waffen wieder in gehörigen Stand zu setzen. Man merkte es nicht mehr, daß z. B. die Stiefel vor sechs Wochen nagelneu waren: schiefe Absätze, durchgelaufene Sohlen, zerrissene Schäfte zeugten davon, daß wir viele, viele hundert Kilometer durch Belgien und Frankreich getippelt waren. Und die Uniformstücke trugen erst recht die Spuren von Regen und Unwetter und vom französischen Lehmboden. Und welche Wonne war es, sich endlich einmal gründlich waschen zu können, und wie notwendig war es, auch die Wäsche einer gründlichen Säuberung zu unterziehen!“[33]

22.9.–29.10.1914   Stellungskämpfe des III. Bataillons, das jetzt als Ersatz für ein bei den Marne-Kämpfen aufgeriebenes Bataillon dem R.I.R. 74 zugeordnet war, im Raum Reims. Immer wieder sorgen vor allem die franz. Artilleriegeschosse für Verluste auf deutscher Seite.

Zwei Wochen später wurde auch das III. Btl. /R.I.R.79, die Einheit von Gottfried Fischer, in den „Wettlauf zum Meer“[34] einbezogen. Wie Josef Dreisbusch mit den „2er Jägern“ bereits Ende Oktober, wurde Fischers Einheit gleichfalls nach Norden in den Raum Ypern verlegt. Aufgabe ihrer Truppenverbände: Am äußersten rechten deutschen Flügel den Durchbruch der alliierten Truppen verhindern bzw. die belgischen und franz. Nordseehäfen für den Nachschub aus Großbritannien blockieren. So sollte für Fischer und Dreisbusch die 1. Schlacht um Ypern zur nächsten schweren Belastungsprobe in diesem Krieg werden. Während Dreisbusch mit dem II. bayerischen Armeekorps innerhalb der „Armeegruppe Fabeck“ bereits seit 1. November an der Ypern-Front in heftige Kämpfe gegen die alliierten Truppen verwickelt war, musste Fischers Bataillon angesichts der hohen Verluste der Deutschen am 12. November aus dem Raum Reims zuerst per Bahn nach Lille verschoben werden. Danach kämpfte es als Teil des XV. Armeekorps innerhalb der „Gruppe Linsingen“.

13.–26.11.1914   Am Todestag von Dreisbusch, am 13.11., begannen für Gottfried Fischer zwei grausame Kampfwochen im Gebiet um die Ortschaft Zillebeke. „Wir bekamen einen Vorgeschmack von dem, was in Flandern Kriegführen hieß. Die Straßen waren Schlammbäche; zäh, dickflüssig bedeckte der Schlamm alles; nicht das Auftreten der nägelbeschlagenen Stiefel auf das Steinpflaster hörte man, sondern ein Plumpsen, Glucksen und Schlürfen der in den Schlamm eintauchenden und durch ihn fortgezogenen Stiefel. Abscheulich war dieser Marsch, und er nahm gar kein Ende!“[35]

Karte 6: Das III. Btl./R.I.R.79 in der Schlacht von Ypern zwischen dem 13. und 26.11.1914 – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 6. Karte 3, – Ausschnitt; bearb. d. Verf.

Die Erfahrenheit der den Deutschen gegenüberstehenden britischen Infanteristen[36] forderten, zusammen mit dem für Infanteriegefechte ungeeigneten Gelände, auch von Fischers Bataillon einen hohen Preis: „Wenn man bedenkt, daß das Bataillon an dem eigentlichen Angriff nicht unmittelbar beteiligt war, waren die Verluste beträchtlich, sie betrugen 21 Tote, darunter 2 Offiziere und 1 Offizier-Stellvertreter und 46 Verwundete.“[37] Am 30.11. stand das Bataillon wieder in Berru bei seiner Brigade.

1.12.1914–13.4.1915   4 ½ Monate relativer „Ruhe“ waren dem Bataillon in dieser Zeit vergönnt: Instandhaltungsarbeiten, Ausbau der Stellungen, gelegentliche Vorstöße kleinerer gegnerischer Verbände wurden zurückgewiesen; es herrschte Stellungskrieg der eher „ruhigen“ Art. Ein Erkundungsvorstoß am 3. 3. im Raum Reims dagegen zeigte auf blutige Weise, dass der Feind keineswegs seine Verbände alle in die Champagne abgezogen hatte. „1 Offizier, 8 Mann tot, 33 Mann verwundet. Dazu kamen 26 Vermißte, von den die meisten auch wohl als tot anzusehen waren.“[38]

14.4.–14.5.1915   Rückgliederung des Bataillons in die 19. R.I.D. und Verlegung nach Düppigheim bei Straßburg – Eintreffen von 25 Mann Ersatz – während der Ruhezeit Intensivierung der Ausbildung und Hilfsdienste bei einheimischen Landwirten

15.5.1915   Verlegung des Bataillons über Colmar nach Münster im Elsass

16.5.–3.7.1915  Auf den Höhenzügen der Vogesen wurde um jeden Bergrücken, der einen weiten Blick in benachbarte Täler oder gar auf die Oberrheinebene bot, heftig gekämpft. Mitte bis Ende Juni war der Hilsenfirst, ein über 1000 Meter hoher Bergrücken zwischen Münster und Gebweiler immer wieder Schauplatz heftiger Gefechte auch unter dem Einsatz von Artillerie.

 

Karte 7: Juni 1915 – Kämpfe am Hilsenfirst (Vogesen) – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 7. Karte 8 – Ausschnitt; bearb. d. Verf.

 

4.–15.7.1915   Ruhezeit und Ausbildung im Raum Walbach im Fechttal – Eintreffen von 217 Mann Ersatz „um die stark gelichteten Bestände der Kompanien aufzufüllen.“[39]

 16.7.–5.8.1915   Verlegung nach Rappoltsweiler – Ausbildung der Ersatzmannschaften

6.–17.8.1915   Heftige Gefechte am Lingenkopf (Vogesen), die durch den Einsatz von Artillerie und die geringen Schutzmöglichkeiten durch geeignete Unterstände hohe Opferzahlen zur Folge hatten: „2 Offiziere, 47 Unteroffiziere und Mannschaften tot, 2 Offiziere, 115 Unteroffiziere und Mannschaften verwundet, 4 Mann vermißt.“[40]

18.–22.9.1915   Ruhetage in Rappoltsweiler

23.8.–6.9.1915   Als Ablösung am Ban de Sapt (nördl. Vogesen) – Ausbau der dortigen Stellungen – Zugang von 225 Mann Ersatz aus Saarlouis

7.–13.9.1915   Rückmarsch und Ausbildungstage im Breuschtal (Vogesen)

14.–26.9.1915   Anmarsch und erneuter Einsatz mit heftigen Stellungskämpfen am Lingenkopf.

 

Abb. 4: Zerschossener Unterstand des III. Btl. am Lingenkopf (Vogesen) – Quelle. Becker, H., a. a. O., S 56 b

 

27.–25.10.1915   Zusammenführung der an verschiedenen Orten eingesetzten Bataillonsteile in Colmar mit anschließender Verlegung der gesamten 19. R.I.D. im Umland von Mülhausen – ausgiebige Exerzier-, Drill- und Gefechtsübungsphase

26.10.–9.11.1915   Relativ ruhiger Stellungseinsatz in Amersweiler

10.11.–25.11.1915    Rückkehr zur Ausbildung nach Mülhausen-Riedisheim

26.11.–10.12.1915   Fronteinsatz bei Hirsingen (Elsass) – Auf beiden Seiten der oft nur wenige Meter entfernten Frontlinien hinterließen gegenseitiger Granatbeschuss und das widrige Winterwetter starke Schäden an den Stellungen. Zur verlustreichen Kampfarbeit kamen intensive Ausbesserungsarbeiten erschwerend hinzu. – Rückkehr nach Riedisheim

„Mit dieser Stellungsperiode war die eigentliche Kampftätigkeit für das Bataillon für längere Zeit zu Ende. Ihm wurden nun im Rahmen der Division andere Aufgaben übertragen, denn allmählich begann jenes große Ringen sich vorzubereiten, das das folgende Jahr 1916 ausfüllte und das uns auch mehrfach in seine Wirbel ziehen sollte, ich meine das Ringen um Verdun. Die O.H.L. hatte den Entschluß gefaßt, im kommenden Jahre eine Entscheidung an der Westfront herbeizuführen“[41] fasste der Bataillons-Chronist Becker den Übergang des zu Ende gehenden Jahres und den Ausblick für 1916 zusammen. Bis zum 13. März 1916 verblieb das Bataillon im Raum Mülhausen. Ausbau und Sicherung von Truppenunterkünften, intensive militärische Aus- und Weiterbildung sowie Alarmübungen füllten die Dienstpläne.

14.3.–16.4.1916                Bahnverlegung des Bataillons von Dornach über Mülheim–Straßburg–Saargemünd–Montmédy nach Lámouilly – Weiterverlegung über Rémoiville–Peuviller-Damvillers nach Ville-devant-Chaumont[42]. Die M.G.K. übernahm in dieser Region Sicherungsarbeit gegen rege feindliche Fliegertätigkeit[43], während die anderen Kompanien des III. Btl./R.79 hinter der Verdun-Front im Raum Douaumont Sicherungs- bzw. Erkundungsunternehmungen durchführten.

 

Karte 8: Einsatzgebiet des III. Btl./R.I.R.79 ab 16.3.1916 im Raum Fort Douaumont nordöstlich von Verdun – Quelle: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, Skizze 10; bearb. d. Verf.

 

Was der Stellungskampf in diesem wald- und schluchtenreichen Kampfgebiet nördlich von Verdun den Soldaten abverlangte, machen die folgenden Schilderungen des Bataillonschronisten nur allzu deutlich: „Irgendwelche Deckungen für die Reserven sind weder in der Chauffourschlucht noch auf Höhe 378 vorhanden. Man gräbt sich zu zweien, vieren möglichst schnell ein Loch in den Hang. Aber bald klirrt der Spaten auf Fels. Also heißt es, mühsam eine Deckung aufschichten.

Die Chauffourschlucht, eine enge tiefe Schlucht, liegt unter ununterbrochenem Beschuß. Alles was sich hier aufhält, klammert sich an den südlichen Steilhang. Gegen Flachbahnge­schosse bietet er Schutz, nicht immer aber gegen Steil­feuergeschütze und die schwerkalibrigen Langrohrgeschütze aus der rechten Flanke vom linken Maasufer. Wie oft wird der Boden um- und umgepflügt von den schweren Granaten. In weiter Ferne hört man den Abschuß; wie das Zuklappen einer Ofentür hört es sich an, so harmlos. Bald hört man das Heulen, Orgeln, Jaulen, trillernde Pfeifen. Man hat das Gefühl, als wälze sich förmlich das Ungetüm durch die Luft gerade auf einen zu und fege unmittelbar am Steilhang herunter in den Grund.

Mit Grauen drückt man den Körper noch enger an den Hang, kriecht womöglich noch tiefer in das Loch, das man sich gegraben hat, und atmet auf, wenn die Erd- und Staubfontäne sich in die Luft erhebt und die Splitter zischend und sirrend durch die Luft sausen. Wie oft erschallt gleich darauf der Ruf: `Sanitäter! Sanitäter!´ Irgendein Unglücklicher ist getroffen. Mit ziemlicher Regelmäßigkeit wiederholt sich dieses Schauspiel. Zur Abwechslung gibt es lagenweise Schrapnells dazwischen. […] Haben die Kompanien auf Höhe 378 bei Tage nicht so viel unter Beschuß zu leiden, so erwartet sie am Abend eine nicht weniger schreckliche Aufgabe: Verpflegung und Nahkampfmittel, Stacheldrahtrollen, Stollenbretter müssen nach vorn getragen werden. Schon der Weg zu dem rückwärts im Fosses-Walde gelegenen Pionierpark und zurück ist schwer, denn er liegt immer unter Feuer. […] Ein unerhörtes Schauspiel bietet sich allabendlich den Blicken. Am ganzen Horizont nach Süden ein ununterbrochenes Aufzucken von den Abschüssen der Kanonen. Überall das gelbliche Aufzacken der Explosionen einschlagender Granaten. Dazu das furchtbare Getöse, das Rollen, das Reißen, das Krachen und Bersten, weit entfernt und nahebei, vor einem, hinter einem. Und das Tackern und Knattern der Maschinengewehre und Gewehre. […] Ein sinnverwirrendes Schauspiel. – Doch wer hat dafür Interesse? Sobald die lange, schwerbeladene Trägerkette die Höhe 378 überschritten hat, strafft sich jeder Muskel des Körpers. Augen und Ohren sind in gespanntester Aufmerksamkeit nach vorn gerichtet. Der Weg, immer und immer wieder von Granaten zerwühlt, windet sich durch das Trichtergelände und ist in der Dunkelheit schwer zu erkennen. Der Schlamm saugt die Stiefel ein und macht das Gehen unsagbar mühevoll. Die schweren Stollenbretter und Drahtrollen, die um den Hals gehängten Säcke mit Mineralwasserflaschen, mit Eisernen Portionen, mit Munition und Handgranaten drücken und ziehen nieder. Aber so sehr sind die Sinne auf das feindliche Feuer gerichtet, daß man die schwere Last nur wie nebenbei empfindet. Denn unaufhörlich wird das Gelände abgestreut von der feindlichen Artillerie. Es gilt, den kurzen Augenblick einer Pause zu benutzen um über eine besonders gefährdete Stelle hinwegzukommen. Da heult es heran und krachend haut eine Lage unmittelbar vor der Spitze des Zuges in den Boden. Längst haben sich alle hingeworfen. Noch poltern die emporgeschleuderten Klumpen zur Erde, da ertönt das `Auf!´ des Führers, und stöhnend und schwer atmend nehmen die Träger die Sachen wieder auf, und in eiligem Schritt, fast im Trabe hasten sie weiter; denn bis zur nächsten Lage dauert es nicht lange. Nur zu oft schlägt eine Salve mitten in die Kette und zerreißt sie und fordert Tote und Verwundete.“[44]

17./18.4.1916                    Gefecht in der Albainschlucht westlich Fort Douaumont mit heftigem feindlichem Artilleriefeuer. 30 Tote und 155 Verwundete verzeichnete der Bataillonschronist für die Zeit vom 9. bis 18. April.

20.4.–5.519.16                  Dauerbeschuss, mangelnde Versorgung und eine alles durchdringende Nässe reißen auch in diesen Tagen reichlich Lücken in das Bataillon: 20 Tote, 89 Verwundete und 97 Kranke meldet der Chronist. 200 Mann Ersatz erscheinen da Anfang April als willkommene Verstärkung.[45]

6.5.–4.6.1916    Nach den vielen Kampfeinsätzen und vielen Verlusten wurde das Bataillon als Divisionsreserve in Richtung Romagne[46] zur Wiederherstellung der Gefechtsbereitschaft zurückverlegt. Die in den vorhergegangenen Gefechten gewonnenen Erfahrungen prägten jetzt die Dienstpläne. Vorgehen im schwierigen Gelände, Werfen von Handgranaten, die Schanzarbeit und der Umgang mit der Gasmaske standen jetzt vermehrt im Vordergrund der militärischen Aus- und Weiterbildung.

Am 24.5.1916 erfolgte eine weitere Rückverlegung des Bataillons nach Peuvillers[47], wo für die nochmals neu hinzugekommenen 140 Mann Ersatz dann vor allem die Zusammenarbeit mit den erfahrenen Soldaten im Mittelpunkt der Tagesarbeit stand. Keine Ruhezeit hatte hingegen die M.G.-Kompanie des Regiments mit Gottfried Fischer in ihren Reihen. Bis zum 1.6. stand die Kompanie im Thiaumontwald an vorderster Gefechtslinie im Kampf gegen die französische Artillerie, bevor auch sie sich nach Chaumont zurückziehen konnte.

5.–10.6.1916   Dem Befehl des Reserve-Infanterie-Regiments 74 unterstellt, rückte das III. Bataillon des Infanterie-Regiments 79 wieder nach Süden an die Front in Chauffour- und Thiaumontschlucht westlich von Fort Douaumont vor. Von dem oberhalb der Thiaumontschlucht gelegenen Zwischenwerk und den darunter liegenden Wabengräben waren die deutschen Angreifer einem zielgenauen und andauernden französischen Artilleriefeuer aus gut gesicherten Stellungen ausgesetzt. Zwei am 8. und 9. Juni erfolgte konzentrierte deutsche Angriffswellen wurden von den Gegnern zurückgeschlagen. […] 1 Offizier, 24 Mann tot. 2 Offiziere, 147 Mann verwundet, und 27 Mann […] vermißt“[48] lautete die traurige Bilanz des Batail­lons für diese Tage. Unter den Opfern befand sich auch Gottfried Fischer.

 

Abb. 5: Fischer, Gottfried – Verwundungsmeldung – Quelle: Deutsche Verlustliste Nr. 12943 vom 16.06.1916 – Ausschnitt; bearb. d. Verf. – URL: http://des.genealogy.net/search/show/3977996

 

Bereits am 16. Juni 1916 war sein Name zum ersten Mal in einer Verlustliste zu finden.[49 Auch hier erfolgte erst einmal eine Falschmel­dung, in der Gottfried Fischer als „schwer verwundet“ gemeldet wurde.

Am 26. August 1916 erfolgte in der Deutschen Verlust­liste Nr. 14367 die Berichtigung: Gottfried Fischers Tod wurde öffentlich bekannt gegeben.[50] Beigesetzt wurde er auf dem 1916 von den deutschen Truppen angelegten Soldatenfriedhof in Romagne-sous-les-Cotes (Nordfrankreich) in der Grabstelle Block 2 Grab 35.[51]

 

Abb. 6: Fischer Gottfried – Todesmeldung – Quelle: Deutsche Verlustliste Nr. 14367 vom 26.8.1916 – Ausschnitt; bearb. d. Verf. – URL: https://www.genwiki.de

 

Auf dem Kriegerdenkmal im Friedhof Aschaffenburg-Leider erinnert heute ein Eintrag auf der Gefallenentafel an Gottfried Fischer.[52

Abb. 7: Weltkrieg-1-Denkmal im Friedhof Aschaffenburg-Leider – Ausschnitt – Foto: P. Grasmann

 

Die Misserfolge an der Westfront, die Kriegserklärung Rumäniens und die sich verschlechternde allgemeine Volksstimmung angesichts der überall sichtbar werdenden Kriegslasten führten im Herbst 1916 zu einer Umstrukturierung der Kaiserlichen Armee. So wurden auch am 13.10.1916 das III. Bataillon und die Maschinen-Gewehr-Kompanie des Res. Inf. Reg. 79 mit dem IV. Bataillon Landwehr-Infanterie-Regiment 75, dem II. und III. Bataillon des Res. Inf. Reg.79 zusammengelegt und aus den 4 Bataillonen und der MG-Kompanie das neue Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 440 gebildet. Verschiedenen Offizieren eben dieses neuen Regiments ist es zu verdanken, dass sie in der Regimentsgeschichte auch die ihrer „Gründerbataillone“ dargestellt haben.

Die in diesem Kapitel getroffenen Aussagen zum Weg von Gottfried Fischer mit dem III. Bataillon und der MG-Kompanie bis zu seinem Tod im Sommer 1916 beruhen im Wesentlichen auf den Berichten in diesen „Erinnerungsblätter[n] deutscher Regimenter. Truppenteile des ehemaligen preußischen Kontingents. Der Schriftenfolge 355. Band: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 440. Oldenburg. i. O. 1933“.[53

 

Anhang

Abbildungen:

Abb. 1: Weltkrieg–1–Denkmal im Friedhof Aschaffenburg-Leider – Foto: P. Grasmann

Abb. 2: Kriegsgliederung der 2. Kaiserlichen Armee – (Stand 17.8.1914) – Nach: Cron, H., a. a. O; S. 97 ff. und Histories oft two hundred and fifty-one divisions of the German Army…, a. a. O., S. 299 ff.

Abb. 3: Sturmangriff in freiem Gelände – In: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S. 67

Abb. 4: Zerschossener Unterstand des III. Btl. am Lingenkopf (Vogesen) – Quelle. Becker, H. a. a. O., S 56 b

Abb. 5: Fischer, Gottfried – Verwundungsmeldung – Quelle: Deutsche Verlustliste Nr. 12943 vom 16.06.1916 – Ausschnitt, bearb. d. Verf. – URL: http://des.genealogy.net/search/show/3977996

Abb. 6: Fischer Gottfried – Todesmeldung – Quelle: Deutsche Verlustliste Nr. 14367 vom 26.8.1916, – Ausschnitt, bearb. d. Verf.– URL: https://www.genwiki.de

Abb. 7: Weltkrieg-1-Denkmal im Friedhof Aschaffenburg-Leider – Ausschnitt – Foto: P. Grasmann

 

Karten:

  • Karte 1: Das III. Bataillon des 79. Res. Inf. Reg. am 29.9.1914 in der Schlacht um St. Quentin – Quelle: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355. Skizze 2
  • Karte 2: Das III. Bataillon des 79. Res. Inf. Reg. am 30./31.8.1914 in der Schlacht um St. Quentin – Quelle: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355. Skizze 3
  • Karte 3: Lage am rechten Frontflügel vor der Marne-Schlacht (5.9.1914) – Quelle: Bernhardi, F. v.: Deutschlands Weltenkampf 1914–1918. Karte 14, S. 59; bearb. d. Verf.
  • Karte 4 Aufmarsch der Alliierten in der 1. Marne-Schlacht am 9.9.1914 – Quelle: Wikipedia – URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_an_der_Marne_(1914)www.dean.usma.edu – Stand: 16.06.2021
  • Karte 5: Die deutsche 2. Armee mit der 19. R.I.D. im Rückzug von der Marne-Schlacht. – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 5. A. a. O., Karte 1 – Ausschnitt; bearb. d. Verf.
  • Karte 6: Das III. Btl. /R.I.R.79 in der Schlacht von Ypern zwischen dem 13. und 26.11.1914 – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 6. Karte 3 – Ausschnitt; bearb. d. Verf.
  • Karte 7: Juni 1915 – Kämpfe am Hilsenfirst (Vogesen) – Quelle: Der Weltkrieg 1914–1918. Bd. 7. Karte 8 – Ausschnitt; bearb. d. Verf.
  • Karte 8: Einsatzgebiet des III. Btl. /R.I.R.73 ab 16.3.1914 im Raum Fort Douaumont nordöstlich von Verdun – Quelle: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, Skizze 10; bearb. d. Verf.

  

Literatur:

Adreßbuch der Stadt Aschaffenburg 1910. Adreß- und Geschäfts-Handbuch für die Königl. Bayer. Stadt Aschaffenburg – einschließlich Damm und Leider. Aschaffenburg 1910. – Stadt- u. Stiftsarchiv Aschaffenburg

 

Cron, H.: Geschichte des Deutschen Heeres im Weltkriege 1914–1918. Berlin 1937.

 

Bayerisches Kriegsarchiv (Hrsg.): Die Bayern im Großen Kriege 1914–1918. Auf Grund der amtlichen Kriegsakten dargestellt. München 1923.

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 1. Die Grenzschlachten im Westen. Berlin 1925 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1434151

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 2. Die Befreiung Ostpreußens. Berlin 1925 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1319911

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 3. Der Marne-Feldzug 1. Von der Sambre zur Marne. Berlin 1926 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1726171

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 4. Der Marne-Feldzug. Die Schlacht. Berlin 1926 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1706442

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 5. Der Herbst-Feldzug 1914. Im Westen bis zum Stellungskrieg. Im Osten bis zum Rückzug. Berlin 1929 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1764122

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Die militärischen Operationen zu Lande. Bd. 6. Der Herbstfeldzug 1914. Der Abschluß der Operationen im Westen und Osten. Berlin 1929 – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1633336

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Bd. 7. Die Operationen des Jahres 1915 [1]. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr. Berlin 1931. – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1155608

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Bd. 8. Die militärischen Operationen zu Lande. Die Operationen des Jahres 1915; [2]. Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß. Berlin 1932. – Online verfügbar: urn:nbn:at:AT-OOeLB-1349745

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Bd. 9. Die militärischen Operationen zu Lande. Die Operationen des Jahres 1915. Die Ereignisse im Westen und auf dem Balkan vom Sommer bis zum Jahresschluß. Berlin 1933 – Online verfügbar: https://digi.landesbibliothek.at

 

Der Weltkrieg 1914 bis 1918. Bearbeitet im Reichsarchiv. Bd. 10. Die militärischen Operationen zu Lande. Die Operationen des Jahres 1916 bis zum Wechsel der Obersten Heeresleitung. Berlin 1936. – Online verfügbar: https://digi.landesbibliothek.at

 

Erinnerungsblätter deutscher Regimenter. Truppenteile des ehemaligen preußischen Kontingents. Der Schriftenfolge 355. Band: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 440. Oldenburg. i. O. 1933 – URL: http://digital.wlb-stuttgart.de

 

Histories oft two hundred and fifty-one divisions of the German Army which participated in the war (1914 – 1918). Compiled from records of intelligence section oft he General Staff, American Expedtionary Forces, at General Headquarters. Chaumont, Frankreich 1919

 

Kaup, Wilh.; Kaup, Wolfg.; Hapke, K.: Leben in Leider. Portrait eines Stadtteils II. Textband. Aschaffenburger Studien im Auftrag der Stadt Aschaffenburg. Stadt- und Stiftsarchiv. Band 11. Aschaffenburg 1995

 

 

Online Ressourcen:

 

Deutsche Verlustlisten des 1. Weltkrieges: https://www.genwiki.de bzw. https://wiki.genealogy.net/Verlustlisten_Erster_Weltkrieg/Projekt

 

https://www.volksbund.de/erinnern-gedenken/graebersuche-online

 

Wikipedia – Die freie Enzyklopädie – https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hauptseite

Anmerkungen:

 

[1] Quelle: Heimatregister für Fischer Heinrich – F313, SSAA (Stadt- u. Stiftsarchiv Aschaffenburg)

[2] Quelle: Ansässigmachungsurkunde für Fischer Gottfried – HF2265, SSAA

[3] Quelle: Leben in Leider. Portrait eines Stadtteils II. Textband. A. a. O., S. 118

[4] Quelle: Heimatregister für Fischer Gottfried – F507, SSAA.

[5] So z.B. in der Deutschen Verlustliste Nr. 12943 (Pr. 556) vom 16. Juni 1916. Siehe Abb. 5!

[6] Siehe Deutsche Verlustliste Nr. 12943 vom 16. Juni 1916, Abb. 5!

[7] Im Großherzogtum Oldenburg, heute Niedersachsen. Anm. d. Verf.

[8] Heute: Bad Zwischenahn. Anm. d. Verf.

[9] Das RIR 79 wurde offiziell erst im Dezember 1918 durch das IR 79 aufgelöst. Quelle: http://genwiki.genealogy.net/RIR_79 – Stand: 02.06.2021.

[10] Siehe Abb. 2 – Kriegsgliederung der 2. Kaiserl. Armee!

[11] Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S 56.

[12] Siehe Karte 2, Kapitel Dreisbusch Josef!

[13] Lothringen und Elsass. Anm. d. Verf.

[14] Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S 61.

[15] Siehe auch Abb. 3!

[16] Gleichbedeutend mit Freischützen, Partisanen oder Heckenschützen. Anm. d. Verf.

[17] Geiselnahmen führten zur Herausgabe von Wertpapieren. Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S. 65.

[18] Ca. 6 km östlich von St. Quentin gelegen. Anm. d. Verf.

[19] Siehe Karte 1!

[20] Hermann Becker, Lt. d. Res. im Res. Inf. Reg. 79 bearbeitete in dem Werk „Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355. A.a.O.“ die Geschichte des III. Btl. und der M.G.K. in seinem Regiment.

[21] Schrapnell: Mit Metallkugeln gefüllte Artilleriegranate. Anm. d. Verf.

[22i] Untereinheiten einer Kompanie. Anm. d. Verf.

[23] Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S. 69 f.

[24] Siehe Karte 2!

[25] Entfernung (Luftlinie) zwischen Ribemont (1.9.) und Montmirail (5.9.): ca. 110 km! Siehe dazu auch Karte 3!

[26] Beumelburg, W., Sperrfeuer … . A. a. O., S. 60 f.

[27] Becker, H. in: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S 75

[28] Dto. S. 76

[29] Vor allem aus den franz. Afrika-Kolonien. Anm. d. Verf.

[30] BEF: British Expeditionary Forces

[31] Becker, H., a. a. O., S. 77

[32] Vorort 6 km nordöstlich Reims; Anm. d. Verf.

[33] Becker, H., a. a. O., S. 82 f.

[34] Siehe auch Beitrag Dreisbusch Josef!

[35] Becker, H., a. a. O., S. 87

[36] Überwiegend ältere und in Kolonialkämpfen erprobte Berufssoldaten; Anm. d. Verf.

[37] Becker. H., a. a. O., S. 89

[38] Becker, H., a. a. O., S. 92

39i] Becker, H., a. a. O., S. 101

[40] Becker. H., a. a. O.; S. 103

[41] Becker, H., a. a. O., S. 106

[42] Ca. 16 km Luftlinie nordnordöstlich von Verdun gelegen.

[43] Laut Becker, H., a. a. O., S. 109 Verbleib dort bis 19.4.1916; später Berichtigung: bis zum 16.4.1916 (S. 113)

[44] Becker, H., a. a. O., S. 110 ff.

[45] Becker, H., a. o. O., S. 116

[46] Ca. 10 km (Luftlinie) nordöstlich von Douaumont gelegen. Anm. d. Verf.

[47] Ca. 17 km (Luftlinie) nördlich von Douaumont gelegen. Anm. d. Verf.

[48] Becker, H., a. o. O., S. 120.

[49] Siehe Abb. 5: Fischer, Gottfried – Verwundungsmeldung!

[50] Siehe Abb. 6: Fischer, Gottfried – Todesmeldung!

[51] Quelle: https://www.volksbund.de/erinnern-gedenken/graebersuche-online – abgerufen am 08.09.2021

[52] Siehe Abb. 7!

[53] Kurzfassung bei Zitaten: Erinnerungsblätter dt. Regimenter. Bd. 355, S. n

 

 

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