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Traurige Weihnachten 1949

Zur Weihnachtszeit wurde im Stadtlabor „Aschaffenburg 2.0“ ein Sammlungsaufruf zum Thema Weihnachten gestartet. Einige der eingereichten Geschichten und Erinnerungen können hier und in weiteren Beiträgen nun gelesen werden.

von Reinhold Nüchtern

Es war am Sonntagnachmittag, den 11. Dezember 1949. Unsere Tante hatte uns drei Buben, 8, 9 und 11 Jahre alt, eingeladen, zum Weihnachtsmarkt nach Aschaffenburg zu gehen.

Auf dem Stiftsplatz waren Stände aufgebaut und für die Kinder eine Schiffschaukel, auf die wir uns riesig freuten. Doch zuerst gingen wir in die Stiftskirche. Dann schauten wir uns die bunten Stände auf dem Weihnachtsmarkt an. Wir Kinder wollten natürlich zur Schiffschaukel. Mein älterer Bruder und ich stiegen in eins der Schiffchen, mein jüngerer Bruder Rüdiger mit einem anderen Kind in die Schaukel daneben. Im Stehen konnten wir am besten Schwung holen und hatten viel Spaß.

Mitten im Schaukeln setzte sich mein kleiner Bruder beim Abwärtsschaukeln – warum auch immer – plötzlich hin. Das Schiffchen wendete die Richtung wieder nach vorn und mein Bruder fiel rückwärts aus der Schaukel. Er blieb am Boden liegen. Die Schaukel hatte keine Bremsvorrichtung, wie es die großen Geräte haben, sondern konnte nur mit der Hand angehalten werden. Das schaukelnde Schiff schwang über ihn hinweg. Als es jedoch wieder die Richtung änderte und zurückkam, setzte er sich auf und wurde von dem Schiff am Kopf getroffen. Blutend legte man ihn am Eingang vom Ratskeller ab. Ein beherzter Mann fuhr ihn dann mit seinem Auto ins Krankenhaus. Dort konnte man aber nur noch seinen Tod feststellen.

Ein Rotkreuzfahrer, der aus Haibach stammte, lud ihn daraufhin in seinen Krankenwagen, einen grauen Opel-Blitz, und wollte ihn zusammen mit unserer Tante nach Hause bringen. Mein Bruder und ich mussten zu Fuß nach Hause gehen. An der Bäckerei Wissel in der Würzburger Straße wurden wir vom Fahrer des Rotkreuzautos gesehen und mitgenommen.

Zuhause bastelten meine Eltern Weihnachtsgeschenke. Als der Rotkreuzmann meinen Bruder ins Haus trug, war die Trauer groß. Diese Weihnacht konnte kein frohes Fest werden.

 

 

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