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Jean Stock (1945)

Autorin: Jana Brendler

Nach dem Kriegsende 1945 übernahm für wenige Monate Joachim Heinrich „Jean“ Stock das Amt des Oberbürgermeisters. In dieser Zeit bestanden seine Aufgaben vor allem in der Beseitigung der Wohnungsnot und der Versorgung der rund 20.000 Aschaffenburger Bürger, deren Zahl rasch anstieg.

Jean Stock, geboren am 7. Juni 1893, wurde mit nur drei Jahren zur Vollwaise. Er absolvierte eine Lehre als Setzer- und Druckermeister in Büdingen, bis er 1911 nach Aschaffenburg zog. Zunächst war er Mitglied in der Gewerkschaft und der SPD, doch schon 1917 trat er aus der SPD aus und wechselte zur USPD, da er mit der Bewilligung von Kriegskrediten durch die SPD nicht einverstanden war.

Im Jahr 1917 wurde Jean Stock ins Heer eingezogen. Als er auf Heimaturlaub war, wurde er aufgrund von „Anti-Kriegsreden“ verhaftet. Zwar kam er kurz darauf wieder auf freien Fuß, wurde jedoch am 13.05.1919 aufgrund seiner Angehörigkeit zu Arbeiter- und Soldatenräten erneut festgenommen, wobei ihm Beihilfe zum Hochverrat zur Last gelegt wurde. Dies führte zu einer Reihe an Klagen, die damit endeten, dass seine eigentliche Strafe von 1,5 Jahren Festungshaft zu einer 3-jährigen Bewährung geändert wurde. Dies geschah 1921.

Mit der Wiedervereinigung der SDP und USPD 1922, war Stock wieder Mitglied der Sozialdemokraten.

Ab 1922 arbeitete Jean Stock bei der „Aschaffenburger Volkszeitung“, die jedoch bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 aufgelöst worden war. Während der Zeit des Dritten Reichs litt Jean Stock unter Unterdrückung, Diffamierung und Hausdurchsuchungen. Am 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und nach Dachau verschleppt. Dort wurde er am 6. September des gleichen Jahres unbeschadet entlassen.

Am 3. April 1945 wurde Stock von der amerikanischen Militärregierung zum vorläufigen Oberbürgermeister ernannt. Seine Amtszeit dauerte neun Monate und endete damit, dass er als Regierungspräsident von Unterfranken nach Würzburg berufen wurde.

Er kehrte im Sommer 1946 wieder nach Aschaffenburg zurück und kandidierte noch zweimal für das Amt des Oberbürgermeisters, wobei er jedoch beide Male gegen seinen Nachfolger Dr. Vinzenz Schwind verlor. Seine politische Karriere war allerdings nicht zu Ende, er wurde von seiner Fraktion für zwei Jahre zum Vorsitzenden gewählt. 16 Jahre lang war er Mitglied des bayerischen Landtages, er war der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Mitglied des Länderrates und Mitglied des Parlamentarischen Rates. Er erhielt zahlreiche Ehrungen, wie zum Beispiel das Große Verdienstkreuz oder den Bayerischen Verdienstorden.

1962 beendete er seine politische Laufbahn und verstarb bereits drei Jahre später im Alter von 71 Jahren. Sein Werk bleibt unvergessen, denn er war Mitbegründer und Herausgeber des Main-Echos.

 

Quelle:

Stadtoberhäupter. Bürgermeister und Oberbürgermeister in Aschaffenburg, von Carsten Pollnick/Susanne von Mach, Aschaffenburg 2020, S. 62 – 67.

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