Im Jahr 2024 ist es 200 Jahre her, dass an der Ecke Wermbachstraße / Lamprechtstraße begonnen wurde, ein neues Krankenhaus zu errichten, das im August 1826 fertig wurde. Viele kennen es noch als Patient oder Besucher, denn bis 1989 war es das größte Krankenhaus in der Umgebung, bis es vom Klinikum am Hasenkopf abgelöst wurde.
1823 beschloss der Aschaffenburger Stadtmagistrat, von Heinrich Meilhaus ein Gartengrundstück an der Wermbachstraße für 1800 Gulden zu kaufen. Am 27. Mai 1824 fand die Grundsteinlegung statt. Die Baukosten für die neue „Kranken- und Wohltätigkeitsanstalt“ betrugen 26.341 Gulden. Das Krankenhaus bestand anfangs aber nur aus dem zweigeschossigen 60 Meter langen Gebäudeflügel an der Wermbachstraße mit jeweils 30 Meter langen Seitenflügeln. Die Bauleitung hatte 1824 der Landbaumeister Wolfgang Streiter. Im Neubau ist heute an dieser Stelle die Postfiliale (Wermbachstraße 54) zu finden.
Bereits 1825 wurde ein ebenerdiges Nebengebäude errichtet. 1830 wurden Badstuben gebaut. In der folgenden Zeit verging fast kein Jahrzehnt, in dem nicht an- oder umgebaut wurde. Gut 100 Jahre nach dem Baubeginn 1824 wurde die Gebäudeecke Wermbachstraße / Lamprechtstraße abgebrochen und abgerundet wiederaufgebaut. Grund dafür war eine verbesserte Verkehrsführung.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Krankenhaus bei Fliegerangriffen schwer getroffen. Der erst 1935 erstellte Küchenbau mit Verbindungstrakt zum Altenheim und das Pförtnerhaus wurden völlig zerstört. Andere Teile wie z.B. der Operationstrakt im Hauptbau, der Altbau oder die 1848 erbaute Kapelle wurden 1944/45 ebenfalls schwer getroffen. Kurz nach Kriegsende begannen schon die Wiederaufbauarbeiten. 1951 wurde der viergeschossige Verbindungsflügel zum 1914 bis 1916 begonnenen Haupttrakt gebaut, der damit vollendet wurde.
Die Bettenzahl hat sich mit der Erweiterung des Krankenhauses stetig erhöht: 1939 waren es 355, 1952 waren es schon 590 Krankenhausbetten. Heute (2024) hat das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau – bei höherer Einwohnerzahl und größerem Einzugsgebiet – insgesamt 900 Betten, davon entfallen 80 Betten auf den Standort Alzenau.
Mit der Krankenpflege wurde ab 1837 die Kongregation der Barmherzigen Schwestern des Heiligen Vinzenz und Paul in München beauftragt. In den 1950er Jahren taten 50 – 60 Ordensschwestern dort ihren Dienst. Sie blieben bis November 1969. Ab dann gab es nur noch weltliche Kräfte als Krankenpflegerinnen oder Krankenpfleger.
Mit der Zeit stieß aber die Kapazität an ihre Grenzen, so dass in den 1980er Jahren der schon lange geplante Krankenhaus-Neubau in Angriff genommen wurde. Das Grundstück hatte sich der Stadtrat schon lange gesichert: Der Hasenkopf kurz vor der Gemarkung Haibach. Seit 1962 befand sich dort schon die Kinderklinik (Am Hasenkopf 1).
Nach einer Bauzeit von fünf Jahren konnte das neue Klinikum am Hasenkopf am 1. Oktober 1989 in Betrieb genommen werden. Die Grundsteinlegung fand schon am 16. November 1984 statt.
Das alte Krankenhausgebäude in der Wermbachstraße wurde von Februar bis etwa Juni 1997 abgerissen. Stehen geblieben (oder wieder aufgestellt) sind folgende Bauten:
- Die alte Krankenhauskapelle an der Lamprechtstraße (erbaut 1848), sie steht unter Denkmalschutz und wird heute von der rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde genutzt
- Das Schwesternwohnheim (erbaut 1967/68), es wurde 2005 renoviert und wird heute von der Fa. Awon (Tochtergesellschaft der AWO) vermietet
- Zwei monolithische Sandsteinsäulen, die zum Hauptportal des Krankenhauses gehörten, auf dem Martinsplatz (das ehemalige Krankenhaus war dem Heiligen „St. Martin“ geweiht, daher Martinsplatz)
- Die alte Wäscherei (erbaut 1912/13). Darin befindet sich heute das städtische Jugendkulturzentrum (Jukuz), der 1. Spatenstich fand am 7. Juli 1994 statt.
- Ein alter Bautrakt des Krankenhauses aus dem Jahr 1882 (parallel zur Lamprechtstraße)
Auf dem 24.000 qm großen Areal des alten Krankenhausareals zogen seit 1989:
- Das „Brentanostift“ an der Ecke Wermbachstraße / Lamprechtstraße. Der ursprüngliche Bau wurde im März und April 2004 abgerissen, der Neubau wurde ebenfalls mit einer Rundung versehen.
- Der „Brentano-Park“ (Wohnungen für Senioren)
- Die BRK-Sozialstation
- Ein als Privat- und Geschäftsgebäude genutztes Haus incl. Arztpraxen entlang der Wermbachstraße
- Die Wohnungsbaugenossenschaft St. Martin
- Kindergarten und Kinderkrippe des Arbeiter-Samariterbundes (ASB) in nächster Nähe des ehemaligen Schwesternwohnheims
Der Bau des neuen Klinikums am Hasenkopf hatte nicht nur für die Krankenhaustechnik und –ausstattung Vorteile, sondern trug auch etwas zur Verkehrsentlastung bei.
Quellen:
Alois Grimm: Aschaffenburger Häuserbuch III, Aschaffenburg 1994, S. 168-181
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, ZAS 01, 2500 und 2504
Fotos:
2 Fotos der Standsteinsäulen Matthias Klotz, 30. Juli 2024
Foto der rumänisch-orthodoxen Kirche Matthias Klotz, 30. Juli 2024
Stadt- und Stiftsarchiv, Fotosammlung Dümmler:
Krankenhaus 1952
Krankenhausflügel an der Wermbachstraße, 1952
Krankenhaus mit der Rundung an der Lamprecht-/Wermbachstraße, 1952
Sehr geehrter Herr Klotz,
mit großer Interesse habe ich Ihren Artikel über das Städt.Krh. Aschaffenburg gelesen und erinnere mich noch gut an etliche Krankenbesuche im Laufe der Jahre. Meine Großmutter lag ca. 1938 nach einer „Bauchoperation“ im Krankenhaus und leider 1973 mit einer sehr schweren Erkrankung ebenfalls dort. Auch durch meinen früheren Beruf hatte ich Berührungspunkte zu diesem Hause.
In der Familie wurde die Postkarte eines Operationssaales aus den 1930iger Jahren aufbewahrt. Sehr wahrscheinlich stammte sie vom stationären Aufenthalt meiner Großmutter ca. 1938.
Mit freundlichen Grüßen Heidi Kolb