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Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Insel Norderney – auf dem Aschaffenburg erwähnt wird

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Insel Norderney – auf dem Aschaffenburg erwähnt wird

Wenn man an der Nordsee Urlaub macht und die Insel Norderney besucht, stößt man etwa in der Ortsmitte auf ein Denkmal – das Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Es ist dem 1888 verstorbenen Deutschen Kaiser Wilhelm I. gewidmet.

Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71, den der Norddeutsche Bund gewann, entstand im neu gegründeten Deutschen Reich eine noch nie dagewesene Euphorie. Kaiser Wilhelm, Reichskanzler Otto von Bismarck und Generalstabschef Helmuth von Moltke stiegen zu Volkshelden auf. Jährlich am 2. September wurde der Sedanstag gefeiert, als Erinnerung an die gewonnene Schlacht bei Sedan über die Franzosen. Im Deutschen Reich wurden fast in jedem Ort Krieger- und Veteranenvereine gegründet. Ab dem Dreikaiserjahr 1888 gründeten sich zahlreiche Denkmal-Komitees, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, Gelder zu sammeln und Denkmäler zu errichten. Zu den bekanntesten zählen in unserer weiteren Umgebung heute das Niederwalddenkmal in Rüdesheim oder das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am „Deutschen Eck“ in Koblenz.

Auf Norderney wurde am Sedanstag, 2. September 1889, erstmals der Wunsch nach einem Denkmal zu Ehren des im Vorjahr verstorbenen Deutschen Kaisers Wilhelm I. laut. Bereits am 3. September gründete sich ein Komitee, das schon bei der ersten Sammlung 1.389,80 Mark zusammenbekommen hatte.

Kurz darauf wurde ein erster Entwurf vorgelegt. Es sollte ein Unterbau aus Felsblöcken sein, die aus „allen Gauen des deutschen Vaterlandes“ kommen sollten. Den Abschluss sollte eine Büste von Kaiser Wilhelm I. bilden. Es wurden mehr als 130 deutsche Städte angeschrieben. Vierzig Städte lehnten wegen Geldknappheit und / oder der Begründung „weil keine Steine in unserer Gegend vorhanden sind“ ab. Die Mehrzahl, unter ihnen die Stadt Aschaffenburg, schickten aber Steine, die mit der Eisenbahn bis zur Stadt Leer transportiert wurden und von dort aus mit dem Schiff nach Norderney gebracht wurden. Der Stein aus Aschaffenburg gehört mit etwa 5 Tonnen zu den schwersten.

Der Stadtmagistrat hatte das Thema „Denkmal zum Gedächtniß Kaiser Wilhelms I. auf Norderney“ am 12. September 1890 als Tagesordnungspunkt Nr. 900 auf der Tagesordnung. Dazu wurde folgendes vermerkt: Herr Baumeister Schmelzer wird ersucht, einen Steinblock zur Verfügung zu stellen. Derselbe wird an die königliche Bauinspektion zu Norderney, bahnlagernd Leer (Ostfriesland) abgesandt.[1] Wo genau der Stein gebrochen wurde, geht daraus leider nicht hervor.

Bis Ende 1890 waren 75 Steine auf der Insel eingetroffen. Zwei Steine kamen mit erheblicher Verspätung, 1893 und 1898, an. Kaiser Wilhelm II. (1859-1941)[2] stiftete dazu einen mächtigen Felsblock vom Hohenzollernberg als Symbol des Hohenzollern-Wahlspruchs: „Vom Fels zum Meer“.

Mit der Planung wurde der ortsansässige Architekt Franz Fabry (1860-1912)[3] beauftragt, der Kosten in Höhe von 12.000 – 15.000 Mark für das Denkmal veranschlagte.

Bei der Ausführung erhielt 1897 der Bildhauer Georg Küsthardt (1863- 1903)[4] aus Hannover den Zuschlag. Die Grundsteinlegung fand am Sedanstag, den 2. September 1898, statt.

Bis zum nächsten Sedanstag am 2. September 1899 war das Denkmal fertiggestellt. Viele Steine wurden so verbaut, wie sie geliefert wurden, manche wurden geteilt, wie es für das Denkmal notwendig war. Die Mitglieder des Denkmalkomitees wollten „ihre“ Steine natürlich auf der „Schauseite“ platzieren. So wurden die Steine aus dem Felsbrocken vom Burgberg Hohenzollern an die Vorder- und Rückseite gesetzt, um das Stammhaus von Brandenburg-Preußen in den Vordergrund zu rücken. Unterhalb der Kaiserbüste (heute Möwe) befindet sich der Stein aus Aachen – die Residenz von Kaiser Karl dem Großen! Im Stein darüber aus Bad Reichenhall sollte ursprünglich das Motto „Vom Fels zum Meer“ eingemeißelt werden, was aber sehr schwierig war, die Inschrift wurde nicht realisiert. An exponierter Stelle befindet sich auch der Stein der Hauptstadt Berlin. Die Steine der Städte Baden-Baden, München und die der Freien Hansestädte Hamburg und Bremen konnten nicht verbaut werden, sie wurden an den Seiten des Denkmals aufgestellt und wurden im August 1899 durch Ankerketten mit dem Denkmal verbunden.

Zum Einweihungstag am Sedanstag, 2. September 1899, war der deutsche Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) eingeladen, war aber „zu Allerhöchstihrem Bedauern“ verhindert. Er ließ sich vom Chef der Marinestation der Nordsee, Admiral Guido Karcher (1844-1905)[5], vertreten. Auch der Sohn des Reichskanzlers Otto von Bismarck, Fürst Herbert von Bismarck (1849-1904)[6], war anwesend.

Die Stifter der Steine – also Vertreter der Städte – waren eingeladen, allerdings sagten die meisten ab. Es wurde eine Tribüne aufgestellt, zu der es Billets für 5 Mark zu kaufen gab. Der ganze Ort Norderney und besonders die Straßen des Festzugs war mit Girlanden und Fahnen geschmückt. Am Abend waren bestimmte Gebäude illuminiert. Nur das Wetter spielte nicht mit, es regnete und stürmte. Der ganze Ort war am Einweihungstag auf den Beinen, es wurden Reden gehalten und anschließend Festessen und Festbälle abgehalten.

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) benötigte das Deutsche Reich fast alle Metallreserven. Das Denkmal in Norderney war hierzu sehr geeignet; im Sommer 1918 kam der Befehl zur Abgabe: Die Büste von Kaiser Wilhelm I., der Adler an der Spitze und die zwei Bronzetafeln wogen zusammen 399 kg. Sie wurden am 16. und 17. September 1918 abgenommen. Der Platz der Kaiserbüste blieb zunächst leer bis 1938. Nach langen Diskussionen in den 1920er und den 1930er Jahren entschied sich der Nationalsozialistische Gemeinderat von Norderney für eine Möwe als „Sinnbild der Nordsee“, die zusammen mit einer Marmortafel im Juli 1938 angebracht wurde.[7]

Wenn Sie einmal auf Norderney Urlaub machen oder die Insel besuchen, sehen Sie sich das Denkmal einmal an! Es steht an der Knyphausenstraße zwischen den Einmündungen der Bismarckstraße und dem Herrenpfad.

Autor: Matthias Klotz

Anmerkungen:

[1] Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, ProtM 85, Nr. 900.

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_II._(Deutsches_Reich)

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Fabry

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_K%C3%BCsthardt

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Guido_Karcher

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_von_Bismarck

[7] Stadt Norderney (Hrsg.): Archiv-Journal der Stadt Norderney, Extraausgabe vom 8. September 2002.

Bildnachweis:

Bild 1, 4, 8-10: Matthias Klotz, fotografiert am 4. September 2023

Bild 2: Kaiser Wilhelm I., von Wilhelm Kuntzemüller, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6032380

Bild 3: Kaiser Wilhelm II., von Thomas Heinrich Voigt, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=24290493

Bild 5: Ausschnitt aus Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, ProtM 85, Scan 279

Bild 6: Gudio Karcher, von unbekannt – Stadt Gottes, Sammelband 1906, S. 330, PD-alt-100, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=3440957

Bild 7: Herbert von Bismarck und seine Ehefrau Marguerita, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43939655

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